Seit einigen Jahren schon ist Marek Polach bei internationalen Events und speziellen Trainingseinheiten als Schwimmen-Analyst für den OSV tätig. Nicht zuletzt wegen der Ergebnisse seiner Arbeit und den detaillierten Analysen haben die Schwimmer:innen des OSV bei den jüngsten internationalen Events immer wieder sehr gute Ergebnisse erzielt, die sich auch in Medaillen widerspiegeln. Ohne Analyse im Training und Wettkampf geht im modernen Schwimmersport gar nichts mehr. Immer mehr Nationen vertrauen daher auf die Arbeit und Daten von Spezialisten. Beim Experientia Kongress in Spanien konnte Marek wieder neue Gedankenanstöße sammeln und viel wertvolle Informationen für seine künftige Arbeit mitnehmen.
Die Analyse eines einzelnen Schwimmwettkampfs reicht längst nicht mehr aus
Die Kombination der Wettkampfdaten mit den Daten, die wöchentlich oder sogar täglich während der Trainings erfasst werden, ist dabei ganz entscheidend. Diese Daten können durch Videoaufnahmen unter Wasser, Testen bestimmter Bewegungen oder Simulation von Wettkampfbedingungen gesammelt werden. Werden die Daten allerdings nicht regelmäßig erhoben, ist es enorm schwierig, die Auswirkungen der Analyse auf künftige Leistungen der Schwimmer:innen zu erkennen. Marek gewährt uns hier mit seinem Vortrag vom Experientia Kongress einen Blick hinter die Kulissen der Arbeit von Analysten.
Die 3 wichtigsten Faktoren
Während der 3-tägigen Konferenz in Granada wurden hauptsächlich drei Themen behandelt, die die Bedeutung der Schwimmwettkampf-Analyse und die Prinzipien der Schwimmwettkampf-Leistung näher beleuchteten. Aber wie bereitet man die Berichte am besten auf, um die ideale Grundlage in der praktischen Umsetzung für Trainer:innen und Schwimmer:innen bieten zu können.
Das volle Potenzial kann eigentlich nie ausgeschöpft werden, wenn man nicht anfängt, die Schwimmleistung zu beobachten und vor allem zu dokumentieren. Dazu braucht es nackte Daten und Fakten, um den Fortschritt auch deutlich zu sehen. Nur dann erkennt man, an welchen Details man feilen muss, um im Optimalfall die gesteckten Ziele auch erreichen und zukünftige Ergebnisse deutlich verbessern zu können.
1 – Zyklisch und Azyklisch - Die beiden wichtigsten Komponenten
Diese Aufteilung erweist sich als alles entscheidend für die Analyse von Trainings und Wettkämpfen. Zyklisch (sauberes Schwimmen und Finish) sowie Azyklisch (Start und Wende). Dabei solltet man immer eines im Hinterkopf behalten: Es gibt einen Unterschied zwischen den Leistungen der einzelnen Rennen innerhalb einer Saison und bei einem bestimmten Wettkampf. Durch die Aufteilung eines Rennens kann man sich nicht nur auf die jeweils einzelnen Abschnitte konzentrieren, sondern kann während des Trainings an den kleinen, aber feinen und entscheidenden Details arbeiten. Denn wie wir alle wissen, liegt der Zauber in den Details, die Athlet:innen von Spitzensportler:innen unterscheiden.
2 – Welche Daten braucht man – welche Arten der Schwimmanalyse gibt es
Individuelle Daten, Big Data, Pre-Wettkampf- und Trainingsdaten sind jene Informationen, die zwingend benötigt werden, um eine Schwimmleistung genau analysieren zu können. Ebenso eine Kombination der einzelnen Gruppen, um die gewünschten Ergebnisse zu erhalten. Dazu analysiert man Videos, offizielle Ergebnisse und macht anschließenden eine detaillierte Analyse des gesamten Rennens.
Generell kann man zwischen einer Split- und einer vollständigen Detailanalyse unterscheiden. Wenn man die offiziellen Zwischenzeiten (Splits) eines Rennens betrachtet, kann man grundlegende Daten sammeln und erhält Informationen über das Profil der Geschwindigkeit im Allgemeinen (z. B. bei Langstreckenbewerben). Bei einer vollständigen Detailanalyse geh man noch einen Schritt weiter und sieht sich die Zwischenzeiten noch genauer an (z. B. alle 5 bis 10 Meter eines Rennens). Dazu kommen noch die anderen Komponenten des Rennens in jedem 10-m-Abschnitt.
Zu guter Letzt läuft alles auf Eines hinaus – auf die gute alte Mathematik. Mit den gesammelten Daten speist man mathematische Vorhersagemodelle, um so die Leistungen der Schwimmer:innen grafisch darzustellen und Verbesserungsvorschläge zu liefern.
All das beruht auf der Grundlage von retrospektiven Wettkampfanalyse-Daten (Geschwindigkeitsdiagramme, Zeitpläne, Benchmarks, usw). Die automatische Verfolgung und Datenerfassung war in den letzten Jahren immer wieder ein heiß diskutiertes Thema. Die guten Neuigkeiten dazu: Die FINA hat endlich die automatische Datenerfassung während der Wettkämpfe genehmigt! "Der Einsatz von Technologie und automatischen Datenerfassungsgeräten zum alleinigen Zweck der Datenerfassung ist erlaubt."
3 – Wie man Schwimmwettkampf-Berichte in der Praxis nutzt
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Trainer:innen detaillierte Analysen und Berichte über Wettkämpfe nutzten, um an den kleinen Details zu feilen und so ihre Schwimmer:innen zu dem gewünschten Erfolg zu führen. Tatsächlich waren die Russen bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau die ersten, die diese Technik geheim eigesetzt haben! Natürlich hat auch der Rest des Schwimmuniversums diese Möglichkeit schnell für sich entdeckt und entwickelt sie seither kontinuierlich weiter.
Was ist das Ziel der Schwimmanalyst:innen?
Wie hilft man Trainer:innen und Athlet:innen bei ihrer Saison-Planung und Vorbereitung mit evidenzbasierten Empfehlungen für ihr Training? Das ist die essentielle Frage. Schwimmwettkampf-Analyse werden als Instrument zur Bewertung der Wettkampfleistung von Schwimmer:innen verwendet. Daraus ergeben sich schlussendlich Informationen für ein spezifisches Training, individuell zugeschnitten auf die einzelnen Sportler:innen.
Auf Basis der Analyse wird separat an Start, Schwimmphase, Wende und Finish gearbeitet. Die Technik wird die gesamte Zeit über genau beobachtet und jedes noch so kleine Detail berücksichtigt. Am Ende werden dann alle Komponenten wieder zu einem großen Ganzen zusammengefügt; abgeleitet daraus ergeben sich die erhofften verbesserungswürdigen Details, die man dann in weiterer Folge in spezifischen Trainings erarbeitet.